Story

Als er einfach ging, stand die Blonde etwas verloren und immer noch verwundert da. Als er sich noch einmal umdrehte, spürte sie eine seltsame Erleichterung.
Sie setzte ein breites Grinsen auf.
"Natürlich. Wir werden ihm einen Grund geben, sich an unsere Namen und nicht nur an unser Projekt zu erinnern."
Der Gedanke, dass er sich gleich einfach wieder rumdrehen könnte und sie dahinter mit Fragezeichen im Kopf zurückblieb, gefiel ihr nicht. Darum hänge sie noch schnell hinten dran: "Ich hol dich dann ab", und ging lieber selbst als Erste.
Irgendetwas war doch komisch mit ihm.

Quino hatte sich in seinem Zimmer auf sein Bett geworfen. Wie ein nasser Fisch lag in den Laken und drehte sich erst auf den Rücken, als er kaum noch Luft bekam. Nemis' Worte hallten in seinem Kopf, Vincenzo solle sich an unsere Namen erinnern. Ja, das sollte er.
Quino stand auf, mit viel mehr Energie, als er annahm zu haben und holte seine Gitarre unter dem Bett hervor. Nicht seine Akustikgitarre, die auf einem Ständer im Schrank stand. Quino war etwas paranoid. Sondern seine E-Gitarre. Sie war Bräunlich-schwarz mit einem großen weißen organisch geformten Fleck. Er schloss sie an seinen Lautsprecher an, den er ebenfalls gerade unter dem Bett hervor geholt hatte und setzte sich die Kopfhörer auf, die noch an diesem steckten. Dann saß er sich an die Bettkante und fing an zu spielen. Er wollte richtig schön warm gespielt sein, bevor sie dahingehen würden. Und so verlor sich Quino in den Melodien, die er so liebte, von den Bands, die er verehrte. Er spielte durcheinander und merkte, dass er gerade besser war als sonst, präziser, fokussierter... Und er wusste nicht einmal warum. Seine Augen waren geschlossen, als er gerade "Where is my mind?" von Placebo und intuitiv das schrille "Uuh" mitmachte, wenn es sein musste.

Nemis hatte sich ihre Lockenmähne zu einem lässigen hohen Pferdeschwanz hoch gebunden. Auch wenn diese Frisur sonst schnell geht, hatte sie heute höhere Ansprüche an das Ergebnis gehabt. Und das Kriterium, dass man aufgrund der perfekten Imperfektion nicht ahnen sollte, wie lange sie dafür tatsächlich gebraucht hatte, hatte sie ironischerweise die meiste Zeit gekostet.
Als sie das halboffene Fenster des Mitschülers mit einem geschickten Griff ganz öffnete und zuerst ihren Kopf hindurch steckte, stelle sie fest, dass dieser gerade mit geschlossenen Augen in seiner eigenen Welt schwebte. Amüsiert beobachtete sie ihn ein paar Sekunden und kletterte dann ganz in den Raum.
Sie erkannte die Akkorde und vor allem erkannte sie das "uhhh".
Der blonde Ninja schlich sich vor ihn, beugte sich zu ihm herunter und begann mitzusingen:
"With your feet on the air and your head on the ground
Try this trick and spin it, yeah
Your head will collapse
But there's nothing in it
And you'll ask yourself
Where is my mind?"

Erschrocken riss sich Quino die Kopfhörer von den Ohren. Dann lauschte er dem Text und musste unwillkürlich grinsen. Ach, Nemis. Er zog das Kabel und spielte weiter, sodass sie das Lied zusammen beendeten. Ihre Stimme war der Wahnsinn. Quino konnte immer noch nicht glauben, das eine so geballte Stimmenpower aus so einer kleinen Person stammte.
Als sie fertig waren, waren auch seine ganzen negativen Gefühle verflogen.
"Sorry... hatte Ärger mit 'nem Lehrer heute, deshalb das Nachsitzen, deshalb die schlechte Laune." Er zog eine Augenbraue hoch und kräuselte einen Mundwinkel.
Du siehst wunderschön aus, mit Zopf, dachte er, behielt es aber für sich. Der Zopf offenbarte ihren grazilen Nacken und die goldenen Löckchen die so klein waren, dass sie sich nicht in den Pferdeschwanz einbinden ließen. Quino wurde ganz warm. Sein Vater würde ihn jetzt, wenn er Gedanken lesen könnte, für seine anrüchigen Gedanken tadeln, vielleicht sogar schlagen. Quino schluckte schwer und setzte die Gitarre wieder an. Die Erkenntnis, das er auf Zöpfe stand, hatte ihn aus der Fassung gebracht.
"Wünsche?", seine Stimme war kaum ein Wispern, dann räusperte er sich. "Liedwünsche? Bisschen aufwärmen?"

Nemis lachte.
"Meine ganz persönliche Liederwunschliste an dich ist inzwischen so lang, dass wir um ein Konzert nicht mehr drumrum kommen. Aber das muss leider warten."
Sie zückte ihr Handy.
"Vincenzo hat mir die Adresse geschickt und ich hab ihm gesagt, dass wir uns gleich aufmachen. Bist du denn soweit?"
Sie ließ ihren Blick dabei durch sein Zimmer schweifen. So lebte er hier also...Sie versuchte über die Einrichtung, persönliche Gegenstände, Bilder oder Bücher etwas über ihn zu erfahren.
"Und übrigens voll cool - du hast ein Einzelzimmer! Ist bestimmt angenehm"

"Yes. Bin ich." Er packte seine Gitarre ein und nahm den Verstärker auch mit. Der war batteriebetrieben. Sie gingen hinaus. "Ich sollte mich auf die Schule konzentrieren, ohne Störfaktor." Er lächelte ihr zu und sie gingen die Treppen runter. "Du hast demnach kein Einzelzimmer?"

Nemis warf mit einem genervten Stöhnen den Kopf in den Nacken, während sie ihre Hand am Geländer entlang gleiten ließ und schnellen Schrittes die Treppe runterlief.
"Ja! Ich hab so eine von der Sorte 'An Spaß kann man sterben, das hab ich in Büchern gelesen'", Nemis imitierte ihre lästige Zimmernachbarin.
"Und wenn ich eines Tages nicht mehr auftauchen sollte, hat sie mich mit ihrer quietschten Klarinette in den Wahnsinn getrieben!"
Sie hatten das Erdgeschoss erreicht und verließen nun das Gebäude.
Quino hatte auf dem Weg über sein Handy ein Taxi gerufen, sodass sie gar nicht mehr lange warten mussten. Die Wartezeit unterhielt Nemis ihren Zuhörer mit weiteren Geschichten über ihre Zimmernachbarin, die aufgrund ihrer lebhaften Erzählweise etwas von Comedy hatten.
Schließlich hielt das schwarze Auto vor ihnen. Als sie einstiegen, spielte Quino erneut den Gentleman, was Nemis sich mit einem breiten Schmunzeln gerne gefallen ließ. Es erinnerte sie an gestern Nacht. Was für eine verrückte Zeit, die nun schon wieder ewig weit zurückliegend schien.
Sie fragte sich, was diese Nacht wohl bringen würde.
Als sie fuhren, dämmerte es bereits und als sie ankamen, stand das Abendrot am Horizont.
Ihr Kumpel zückte ebenfalls wie gestern seine Kreditkarte.
Nemis zwinkerte ihm zu: "Auf den Mann mit dem schlechten Geschmack"

Das Taxi fuhr weiter und die beiden Jugendlichen standen nun am Straßenrand eines Wohngebiets. Sie sah auf ihrem Handy noch einmal nach der Hausnummer und orientierte sich kurz, welches Haus es wohl war. Die hübsch angebrachten Ziffern "24" identifizierten letztlich das gesuchte Objekt. Doch anstatt zur Tür zu gehen, öffnete Nemis bloß das Gartentor und marschierte zielstrebig an dem Haus vorbei.
"Er meinte, er übt hinterm Haus in einem Gewächshaus oder so", sie konnte sich darunter nicht viel vorstellen, aber würde gleich schlauer sein.
Zugegeben, das war keine Gegend für arme Leute und die Größe sowie der Stil des Hauses verrieten einiges über die Vermögensverhältnisse seiner Familie. Nemis musterte im Vorbeigehen das schicke Häuschen und pfiff dann anerkennend Quino zu.
Nachdem sie um die Ecke in den Garten sehen konnten, bot sich ihnen ein atemberaubender Anblick. Der Garten war großflächig und wurde offenbar gut durch die Hand eines Gärtners gepflegt. Hübsche Lichter und Laternen beleuchteten das kleine grüne Paradies vereinzelt, doch am hellsten leuchtete das in einiger Entfernung stehende Gewächshaus. Die großen Glasflächen ließen das warme Licht nach außen dringen und verliehen dem Häuschen den Eindruck, es würde strahlen. Je näher sie kamen, desto mehr hörten sie auch schon die rhythmischen Klänge eines Schlagzeugs.
Bei näherem Anblick erkannte sie, dass das Haus teils aus alten Mauern, teils aus großen Glasflächen bestand. Im Inneren rankten sich verschiedene Pflanzen und schirmten den Italiener zunächst von den Blicken von Außen ab.
Sie betraten den interessanten Proberaum und die Akustik wurde schlagartig lauter. Die Gläser isolierten wirklich unerwartet gut. Der Raum war einzigartig. Außer den Ranken wuchsen hier auch noch verschiedenste andere Pflanzen, die gegen die lauten Geräusche des Musikers resistent zu sein schienen. Zwischen all dem Grün hingen Lichterketten. Hier und dort standen Blechgießkannen oder alte Hocker herum. Der Boden bestand aus alten schwarz-weißen Fliesen, von denen einige schon einen Sprung hatten. Selbst wenn Nemis gewollt hätte, sie hätte diesen Stil nicht beschreiben können. Auf jeden Fall war der Raum von innen größer, als er von außen anmuten ließ.
Mittig der hinteren Steinmauer saß der Schlagzeuger an seinem Instrument und thronte dort auf eine Art, die zu der Magie dieses Raumes passte.
Der Rhythmus, den er vorgab, ergriff ihren Körper, ihren Herzschlag und das mit jedem Schritt in seine Richtung mehr.

Quino folgte Nemis, blieb etwas hinter und ihr und schaute sich um. Das Gewächshaus war... wie aus einem Film. Einen cooleren Proberaum konnte diese Typ natürlich nicht haben. Quino verschränkte die Arme halbwegs vor der Brust, nachdem er seinen Verstärker abgestellt hatte. Seine Gitarre hing um seinen Körper.
Er musste zugeben, die Pflanzen, die Lichter, alles diente zur kreativen Inspiration. Er spürte eine Ruhe hier, ganz anders als in der Akademie, in der alles strikt und ordentlich war und sich auch in der Architektur und Einrichtung der Schule wiederspiegelte. Quino konnte bisher nur in seinem Zimmer oder im Gitarrenkurs oder einen der Übungsräume Gitarre spielen. Das würde für ihn ein komplett neues Erlebnis sein.
Vincenzo spielte Schlagzeug, er bemerkte sie erst nicht, war mit einem eher normalen, nicht besonders schwierigen Beat beschäftigt. "Ah, na, ihr!", machte er, immer noch konzentriert aufs Schlagen. Quino schloss seine Gitarre an den Verstärker an. "Coole location.", gab Quino kleinlaut zu, schaute Vincenzo aber nicht an, als er das sagte, sondern tüftelte an dem Kabel, das seine E-Gitarre mit dem Verstärker verband. Er schaute aus den Augenwinkeln zu Nemis. Natürlich war sie begeistert. Ihre Augen scannten das Gewächshaus ab, sie strahlte förmlich. Quino wünschte sich, es wäre sein Proberaum. Er wünschte sich, er wäre hier mit ihr allein und sie würden Musik machen und irgendwann würde Nemis in ihm das sehen, was in ihr sah. Quino seufzte. Er ärgerte sich über seine Gedanken. Und dachte daran, wie Nemis beim Tanzen angefangen hatte zu lachen. Er war nur ein Freund für sie. Das musste er fürs Erste akzeptieren. Vincenzo hielt in seinem Stück inne, grinste schief und stellte ihnen dieselbe Frage, die Quino vorhin noch Nemis gestellt hatte.
"Irgendwelche Wünsche?", er kreuzte die Drumsticks. Der Typ war niemand der Smalltalk führte, er wollte seine Zeit jetzt nutzen um Musik zu machen. Und das machte er durch seine Frage deutlich.
Quino zuckte mit den Achseln. Ihm fielen tausende Lieder ein, aber er wollte Nemis entscheiden lassen, deshalb schaute er mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr und lächelte dabei. "Was sagst du?"

Nemis Augen geisterten noch immer quer im Raum rum, bis sie durch Quinos Frage wieder auf die beiden Menschen neben sich gezogen wurden.
"Ehm...", irgendwie waren ihre Gedanken gerade nicht besonders fokussiert, um so eine Entscheidung zu treffen. Da ihr Kopf also die Fahne hisste, übernahm ihr Bauchgefühl und sie schlug spontan das vor, was ihr in den Sinn kam: "Was ist dein anspruchsvollstes Stück?"
Sie wollte ihn einfach gerne mal in Aktion erleben und da sie von Schlagzeug nicht viel verstand, konnte sie selbst nicht einschätzen, welche Drumparts in den Songs, die sie mochte, nun schwer oder leicht waren.
Der Schlagzeuger schmunzelte und nickte ihr dann zu, während seine Sticks auch schon ihr Werk begannen.
Ein komplettes Drumsolo zu hören, war ungewohnt. Klaviersolos, Geigensolos, Gitarrensolos...ja, aber ein Solo nur mit einem Rhythmusinstrument? Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich gar nichts darunter vorstellen können und war einfach gespannt gewesen, was sie nun erwartete. Aber irgendwie schaffte er es nur durch die unterschiedlichen Klänge und Rhythmenwechsel ein Lied zu erzeugen, das mitreißend war.
Er baute sogar einige Tricks ein und ließ seine Sticks flippen. Nemis wusste nicht, ob sie sich aufs Zusehen oder Zuhören konzentrieren sollte.
Nur bei einer langsameren Stelle, konnte sie sich kurz Quino zuwenden und sah ihn euphorisch an, als würde sie bei ihm eine Bestätigung für ihre Begeisterung suchen.
Nach ca 3 Minuten beendete er sein Spiel und sah lässig zu den beiden Zuhörern.
Nemis klatschte.
"Das war der hammer! Was für ein Song war das?"
"Das? Hab ich mir ausgedacht."

"Ausgedacht?", hakte Quino nach. Das Stück war wunderbar. Vincenzo nickte nur und beachtete ihn nicht weiter. Quino glaubte, dass der Italiener es auf Nemis abgesehen hatte. Ganz klar! Warum sollte er sie sonst hierher gelassen haben. So ein Pedo! Nemis war doch jünger, als er.
"Wie ich sehe, hast du deine Gitarre mitgenommen. Was ist mit dir, Ms. Godfather?" Diesmal sprach er doch Quino an, dann aber direkt wieder Nemis. Also dachte sich der Lockenschopf, dass er selbst nur ein Vorwand war.
Wie gut, dass er sich eingezeckt hatte. Nemis hob die Hände und schüttelte den Kopf. Sie hatte kein Instrument dabei. Quino wusste auch wieso und er wusste, wie er Nemis in Szene setzen konnte. Damit sie ihn wahrnahm und nicht diesen Mafiosiverschnitt.
"Na, los Amerikaner, spiel.", verlangte Vincenzo und leitete so Quinos Idee eigentlich ein. Quino hasste ihn jetzt schon. Konnte er etwa Gedanken lesen?
"Nur mit ihr zusammen.", erklärte Quino, deutete mit seinem Kinn in Nemis Richtung, während Vincenzo die Blonde überrascht musterte.
Quino begann Decode auf seiner Gitarre zu spielen. Die ersten Töne wiederholte er, sodass Nemis genug Zeit blieb um richtig einsteigen zu können. Er ging einfach davon aus, dass sie das Lied kannte. Das kannte doch jeder. Und Nemis hatte einen guten Geschmack.
Mit hochgezogener Augenbraue schaute er lächelnd zu ihr, ihr schien etwas Mut zu fehlen.
Zu allem Überfluss war die Akustik in diesem dummen Gewächshaus fantastisch. Ein ganz anderes Feeling seine Gitarre endlich laut zu hören und nicht über seine Kopfhörer.

Nach dieser Schlagzeugvorlage war Nemis innerlich zerrissen. Einerseits brannte sie darauf, ihm zu zeigen, was in ihr steckte. Andererseits brannte sie womöglich einen Ticken zu sehr darauf und der Perfektionismus blockierte sie.
Dass er also erst einmal Quino aufforderte, kam ihr recht. Doch dass dieser sie mit seiner Reaktion gleich wieder involvierte, setzte sie etwas unter Zugzwang. Zum Glück ließ er ihr keine Zeit, sich weiter in unnötigen Gedanken zu verlieren und spielte das Intro.
Sie erkannte das Lied an den ersten Noten und es war, als würde sich in ihrem Kopf ein Schalter umlegen. Sein Lächeln machte ihr Mut und es kam ihr vor, als würde er ihr mit seiner Melodie die Hand reichen.
Ihre eben noch weit geöffneten, graublauen Augen, die fasziniert von ihrer Umgebung gewesen waren, schlossen sich. Nun ging es darum, was sie innerlich bewegte.
Ihre Lippen zogen sich zu einem schmalen, selbstsicheren Lächeln - Sie war zurück in ihrem Element.
Nichts hielt sie zurück, als sie begann zu singen.
"How can I decide what's right?
When you're clouding up my mind
I can't win your losing fight
All the time....."
Es war, wie so oft zuvor, ihr Kopf mit alle seinen Zweifeln und Schranken schaltete ab, ihr Herz übernahm die Führung und leitete ihre Stimme durch das Lied. Die Schülerin legte eine ungebändigte Energie in den Refrain, die durch den Raumklang noch verstärkt wurde.
Im Rausch der Musik kannte Nemis keine Schwäche, auch nicht dem Italiener gegenüber. Seiner Gelassenheit, die sie sonst indirekt einschüchterte, bot sie nun die Stirn, denn die kommende Passage, sang sie an ihn:
"What kind of man that you are
If you're a man at all
Well, I will figure this one out
On my own"
Mit ihren Augen, ihrer Mimik, ihrer Stimme war nun sie es, die ihm einen Schlag versetzte.
Ein wenig später kam Quinos Glanzmoment: Der Gitarrenpart. Sie sah zu ihm rüber. Er sprühte vor Hingabe und hatte Spaß, an dem was er tat. Auch bei ihm fehlte jegliches Zögern, er gab alles. Diese Leidenschaft war unüberhörbar und fast raubte es ihr den Atem für ihren nächsten Einsatz.
"Do you see what we've done?
We've gonna made such fools of ourselves"
Ihre Stimme klang nun sanfter, noch gefühlvoller. In was lagen ihre Emotionen dieser Zeilen begründet?
Zum Finale legte sie nochmal mehr Kraft und Trotz in ihren Klang. Sie war schon verstummt, da hallte seine Gitarre aus dem Verstärker noch nach, als würde sie das Lied weiter hinauszögern wollen.
Nemis erster  Blick gebührte Quino. Doch der Stolz, der darin lag, war nicht auf sie begrenzt. Die Anerkennung für ihn, die ihr ganzes Ich ausstrahlte, sprach Bände.

Quino konnte nicht anders. Er hatte den Schlagzeuger zwar nicht ununterbrochen, aber oft genug, im Blick um seine Mimikschwankungen mitverfolgen zu können. Ohne Mühe spielte der Lockenschopf den Song auf seiner Gitarre. Er machte noch nicht ganz ernst. Aber spielte definitiv gut genug, um von Vincenzo eine wirklich ehrliche hochgezogene Augenbraue zu ergattern.
Quino beobachtete wie er dann die zweite Augenbraue für Nemis hochschwang, als sie so richtig loslegte. Und im nächsten Augenblick, als sie: "... I used to know you so we-ell!" mit einer Kraft sang, die Quino dazu brachte seinen Kopf in Windeseile zu ihr zu drehen, war selbst er so überrascht, obwohl er bereits wusste, dass ihre Stimme wundervoll war. Sie füllte die Töne und Oktaven mit einer Stimmgewalt aus, dass Quino grinste bis sich seine Zähne zeigten. "Well, I think, I kno-wow-ow-o!", direkt an diesen Part agefügt, vielleicht knapp am Einsatz vorbei, stieg Vincenzo entspannt ein. Quino gab im nächsten Augenblick, passend zum Song, Gas im Gitarrenspiel.
Und sie klangen richtig gut!
Nemis öffnete dann ihre Augen und Quino bemerkte dabei ihre geschwungenen Wimpern. Sie schaute Vincenzo an. Forderte ihn heraus. Er hielt ihrem Blick jedoch stand, war sichtlich beeindruckt. Seine Mundwinkel standen nach oben und er spielte zwar die ganze Zeit schon gut, aber dezent, mit, doch jetzt, gerade wo er so aufschlagen musste, um ihre Stimme beim Aufstieg zu pushen, haute er richtig rein(01:49), dabei spannten sich seine Lippen an und er zog die Augenbrauen zusammen.
Nemis schloss ihre Augen wieder, ihr Kinn hob sich leicht. Ihre Stimme klang transparent und zugleich so, als würde sie Jemanden wegstoßen. "...my thoughts you can't decode." Und da haute Vincenzo ebenfalls total rein. Sie hatten einen Moment, dachte Quino und schaute auf seine Gitarre. In seinem Gitarrensolo verlor er sich etwas, hauptsächlich um sich von dem Anblick abzulenken, den er eben genießen durfte.
Dadurch hatte er auch nicht bemerken können, wie Nemis ihn bewundernd anschaute. Er hätte einen Moment haben können, wenn er nicht schon vorher aufgegeben hätte.
Während Quino selbst total versank im Song, konnte er nicht anders, als Nemis Stimme in ihm aufzunehmen. Er wollte nie wieder alleine Gitarre spielen. Das was er fühlte, wenn sie sang, gab ihm Energien, die vorher nicht gespürt hatte. Sie hatten schon zusammen gespielt, aber das hier war anders.
Es war aufregend. Es war neu.
Sie waren in einem Gewächshaus! Und verteidigten ihre Ehre. Doch leider, machte Vincenzo seinen Part, für einen spontanen Act, fantastisch. Quino spie das Wort gedanklich aus - Aber es war wahr. Vor allem seine Gitarre und Vincenzos Schlagzeug erzeugten eine ungeheure Harmonie, auf der die Stimme der Blonden ritt, wie auf einer wilden Welle.
Vincenzo hörte dann etwas früher auf, als die zwei und lehnte sich auf seinem Hocker zurück. Sein Gesicht wirkte immer noch erhellt. Quino fragte sich, ob er eigentlich andere Menschen hatte mit denen er spielen konnte. Wenn ja, warum standen dann hier keine anderen Instrumente?
War das für Vincenzo vielleicht genauso cool, wie für Quino und Nemis? Und sie hatten es verursacht! Quino freute sich. Ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf seine Lippen, aber er freute sich eigentlich aufrichtig. Dann sah er Nemis' Gesicht. Sie strahlt, dachte Quino.
Er konnte dem nicht standhalten, sonst hätte er sich an Vincenzo verraten. Das wusste er einfach. Quino blickte einfach wieder zum Italiener und sprach schnell, aber mit fester Stimme, drauf los: "Ha! Wie war das?"
Vincenzo lachte leise auf, ließ den Kopf hängen und nickte dann mit geschlossenen Augen. "Krasser shit."

Nemis warf den Kopf in den Nacken und lachte. Erst die Endorphine dieses Spontanacts und dann noch die Bestätigung desjenigen, den sie beeindrucken wollte - Sie schwebte förmlich.
"Das war einfach Wahnsinn!", verlieh sie ihrer Begeisterung nochmal verbal Ausdruck.
Die anderen mussten es auch gespürt haben, diese feurige Harmonie.
"Sí...", Vincenzo stand auf und ging in die Ecke, in der ein kleiner, schwarzlackierter Retrokühlschrank stand. Er öffnete diesen und trug noch immer ein schräges Grinsen auf den Lippen, als würde er in Gedanken den Auftritt nochmal erleben. Als er zurück kam, hielt er zwei geöffnete Bierflaschen in der einen Hand und eine dritte in der anderen. Er reichte seinen Gästen die Erfrischung und stieß mit ihnen an.
Nemis kam es so vor, als hätten sie sich seinen Respekt erkämpft und heimlich war es das, worauf sie mit ihm angestoßen hatte. Er setzte die Flasche an und nahm ein paar kräftige Schlücke.
"Macht ihr das öfter?", war dann er es, der die durchs Trinken entstandene Pause brach. Dabei sah er zu beiden hin und her.

Quino trank eigentlich keinen Alkohol. Und konnte den auch nicht besonders gut ab. Er wollte aber kein Spielverderber und sich nach einer so tollen Leistung ein Eigentor schießen.
"Eigentlich nicht. Nein.", sagte Quino und Vincenzo legte den Kopf schief.
"Dann wäre ich wirklich gespannt, wie ein geprobtes Stück klingen mag."
Quino auch. Er schaute kurz zu Nemis rüber. "Nemis, du warst Wahnsinn." Nur die Wahrheit.
Vincenzo stimmte ihm zu und klatschte einmal kräftig in die Hände. Bei ihm sah es einfach nur cool aus. "Ich hätte nie gedacht, das aus so einem kleinen Körper, soviel Stimme kommen kann!", sagte der Italiener. Quino seufzte innerlich. Das hatte er auch gedacht gehabt. Und es nervte ihn, dass er über Nemis' KÖRPER sprach.
"Du warst aber auch nicht schlecht.", gab Quino zu. Mehr aber, um von Nemis abzulenken.
Vincenzo nickte und trank noch einen kräftigen Schluck Bier. "Leider gibt's hier nicht soviele, die auf die Musik stehen, auf die ich stehe."
Quino zog eine Augenbraue hoch und nippte an der Flasche.

Nemis freute sich über die Komplimente der Jungs mit einer kindlichen Aufrichtigkeit.
"Also bisher haben wir das vielleicht nicht öfter gemacht", sie sah ein bisschen verträumt zur Seite an einen unbestimmten Punkt, ehe sie ihre Augen wieder auf die beiden richtete, "aber ich hätte nichts dagegen, wenn das nicht das letzte mal war."
Da war sie wieder - Nemis mit ihren Visionen.
"Quino, wenn du spielst, entfesselt das in mir eine Leidenschaft, die ich nur durch meine Stimme bändigen kann", ihr Gesicht drehte sich dem Schlagzeuger zu: "Und dein Drummen zwingt meinen Herzschlag nach seinem Rhythmus zu tanzen!..Jungs das hat Potential, daraus müssen wir was machen!"
Ihre Augen funkelten und hoffte, die beiden mit ihrer Idee mitreißen zu können.
Vincenzos schiefes Grinsen zeugte von Kopfkino.
"Ich kann dir gerne etwas zeigen, bei dem es nicht mehr nötig ist, deine 'Leidenschaft' zu 'bändigen'...Aber für hier sowas", er spreizte seinen Zeigefinger von der Flasche ab und zeigte auf die Instrumente, "bin ich sonst auch zu haben."
Er schaffte es, den letzten Teil nebensächlich klingen zu lassen.

Quino freute sich über ihre Worte, doch als sie ein ähnliches Kompliment an Vincenzo weitergab, war die Freude auch schon wieder verpufft. Doch hatte sie recht. Sie mussten etwas hier raus machen. Auch wenn Quino Vincenzo nicht leiden konnte, musste er ihn ertragen, wenn er mal in einer... bandähnlichen Konstellation spielen wollte. Wen sollte er sonst in dieser spießigen Stadt finden?
Vincenzo machte einen Kommentar, den Quino fast die Fassung verlieren ließ. Er trank drei kräftige Schlucke aus seinem Bier, um nichts zu erwidern. Er war nicht mit Nemis zusammen. Sie könnte selbst antworten.
Quino schaute aus den Augenwinkeln zu ihr. Sie errötete, als die Worte in ihren Verstand drangen. Vincenzo blickte sie verschlagen an.

Für eine Sekunde kam die Frage in ihr auf, wie dieser Abend ablaufen würde, wenn Quino sie nicht hierhin begleitet hätte. Um jedoch nicht allzu verlegen auszusehen, schnürte sie den Gedanken ab. Er wollte sie sicher nur necken. Sie würde es einfach ignorieren.
"Sehr gut. Und was ist mit dir, Maestro?"
Neugierig sah sie zu Quino rüber, der gerade verbissen an seiner Flasche hing.

Quino erwiderte ihren Blick. "Klar, bin dabei! Solange keiner weiß, dass ich hier Gitarre spiele."
Vincenzo zuckte die Achseln. "Ich werde es keinem erzählen."
In Nemis' Gesicht war deutlicher Tatendrang zu erkennen. Ihr Gehirn arbeitete und war wahrscheinlich schon Lichtjahre in der Zukunft.
Im nächsten Augenblick stellte Vincenzo seine Flasche ab. "Bock, auf was Klassisches?" Er begann die Melodie von "We will Rock you" zu schlagen. Nemis schaute Quino verschmitzt an und dieser erwiderte den Blick. Und so machten sie es mal schlechter und besser, jammten ein, zwei Songs... ehe sie erneut ein Päuschen machten und Vincenzo bereits die Hälfte seines dritten Biers fertig hatte. Quino hatte gerade sein zweites angefangen und wollte unbedingt mithalten. Selbst Nemis war ihm voraus.
Die Zwei tranken wohl öfter, es schien als hätte das Bier nicht dieselbe Wirkung wie bei Quino. Sogar sein Gitarrenspiel litt drunter.
"Eigentlich, könntet ihr ja dann beim Contest teilnehmen.", kam es von Quino. Lallte er etwa schon?

Nemis saß inzwischen im Schneidersitz auf dem Boden, an ein Regal mit Kräuterpflanzen gelehnt, deren gemischter Duft ihr Appetit machte. Aber sein plötzlicher Einfall lenkte sie davon ab. Der Gedanke war ihr nicht neu, er war schon mal während Vincenzos Drumsolo in ihr aufgekommen. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich nicht gewagt, die Idee weiterzuspinnen. Mittlerweile war sie sich jedoch seiner Anerkennung für ihre Stimme bewusst und sie schienen als Team musikalisch gut miteinander auszukommen. Allerdings wäre da noch immer das Problem, dass sie schlecht nur mit Schlagzeug und Gesagt auftreten konnten. Das bedeutete, sie würde wirklich nicht drumherum kommen, den Gitarrenpart selbst zu übernehmen und davor graute es ihr noch immer. Während all diese Gedanken noch in ihr arbeiteten, kam Vincenzo ihr zuvor:
"Ihr wollt da also echt teilnehmen?"
"Naja...bisher leider nur ich. Quinos Dad erlaubt es ihm nicht Gitarre zu spielen, und da wäre es ein Selbstmordkommando, sich mit einer öffentlich auf die Bühne auf die Bühne zu stellen"
Die Mine des Schwarzhaarigen verfinsterte sich und er schien ernsthaft Anteil an Quinos Lage zu nehmen: "Was ein Scheiß."
Da die Unterhaltung jetzt sowieso am Laufen war, konnte Nemis ihre Gedanken auch aussprechen und sie so vielleicht einfacher weiterentwickeln.
"Das Ding ist...ich würde es lieben mit euch beiden da aufzutreten und diese lahme Akademie zu rocken. Aber ohne Quino wird das schwer."
Bisher hatte sie den Schlagzeuger noch gar nicht offiziell gefragt, ob er dafür zu haben wäre. Aber wozu auch? Der Plan scheiterte ja sowieso an etwas anderem.

Quino ließ den Kopf hängen. Der Gedanken an seinen Vater ruinierte den Abend noch mehr als Vincenzos Flirt mit Nemis.
Er hatte schon viel zu viel getrunken und musste ab und an die Augen weit aufrissen um sie zu motivieren, überhaupt offen zu bleiben. Er schaute rüber zu Nemis. Ihre Aura hatte sich verändert. Quino konnte das deutlich spüren. Eben strotzte sie voller Leben und jetzt wirkte sie geknickt. "He, Nemis.", machte Quino. Er lallte. "Was ist denn los mit dir?" Er hatte das Thema, über das der Schlagzeuger und die Blonde sprachen, schon wieder verplant und runzelte die Stirn.

Nemis schwenkte ihren Kopf schräg zu ihm ihm. Der hatte langsam echt genug Alkohol. Aber vielleicht war es gut, dass er nicht mehr so viel mitbekam, nachher würde er sich noch schuldig fühlen. Das wollte sie nicht, deswegen lächelte sie ihm zu.
"Schon ok. Ich weiß, du wirst es mir beibringen, richtig?"
Sie glaubte zwar selbst nicht dran, aber es fühlte sich besser an, es zumindest vorzuspielen.
Vincenzo fehlten die Hintergrundinformationen. Für ihn war das Problem nicht ersichtlich.
"Ich dachte, ihr seid beide Mr und Ms Godfather in eurem Gitarrenkurs?"
Dieses Stück würde ihnen wohl ewig anhängen....
"Ja, schon. Aber du hast ihn ja heute spielen gehört. Da komm ich nicht ran", gab die Blondine neidlos zu.
"Gibt doch genug Stücke, bei denen die Gitarre nicht im Fokus steht. Mit der Stimme findest du schon was. Oder einfach davon abzulenken."
Konstruktive Lösungsvorschläge mit eingebundenen Komplimenten hatte sie von dem unnahbaren Menschen wirklich nicht erwartet. Lag das am Alkohol? Dennoch ließ sie sich seine Worte durch den Kopf gehen und spielte dabei nachdenklich am Etikett ihrer Bierflasche.
"Wäre ne Strategie...Allerdings ist es ja ein Gruppencontest, das heißt alleine kann ich das sowieso nicht durchziehen", dann drückte sie ihren Rücken etwas durch und sah ihn fest an, "Vincenzo, würdest du mein Ablenkungsmanöver sein? Wenn du richtig loslegst, sind sowieso alle Augen und Ohren auf dich gerichtet"
Es kostete sie keine Überwindung mehr, diese Frage zu stellen, immerhin hatte auch sie schon ihr drittes Bier. Ihr Charme, mit dem sie seine Antwort unterschwellig beeinflusste, war ihr jedoch erhalten geblieben.

Vincenzo funkelte sie an. Dann grinste er und nickte. "Wenn du es so formulierst, gern." Er trank noch einen Schluck Bier und schaute dann zu Quino. Er saß zwar aufrecht, doch bewegte er sich sachte im Kreis, versuchte dabei aber aufmerksam zu werden.
Vino musste leise lachen.
"Ich glaube, da muss Jemand ins Bett.", erklärte der Italiener und stand auf. Er streckte sich, drehte sich dabei einmal nach rechts und nach links, ehe er hinter dem Schlagzeug hervor kam.
"Ich kann euch zur Akademie fahren, oder wo wohnt ihr?" Er ging zu Nemis und reichte ihr die Hand, sodass sie leicht aufstehen konnte. Dabei grinste er schief und seine Augen formten sich zu Schlitzen.

Sie versuchte ihr triumphales Lächeln zu bremsen, aber sie konnte nicht verbergen, wie sehr sie sich über diese Zusage freute. Ihr großer Plan hatte also doch noch eine Zukunft. Wenn auch...eine lückenhafte. Aber das würde sie morgen in aller Frische schon zu ende denken.
Als er sie auf Quino aufmerksam machte, brachte sein Anblick sie zum lachen.
"Ich glaube, da muss Jemand ins Bett", so wie er es ausdrückte und wie Quino sich gab, wirkte der Jugendliche wie ein kleines übermüdetes Kind, das von seinem großen Bruder ins Bett geschickt wurde.
Sie nahm seine Hand und richtete sich auf. Im Gegensatz zu anderen Anwesenden fiel das gerade Stehen ihr noch leicht. Das Mädchen stemmte die Arme in die Hüften und sah hinab zu dem Kumpel am Boden.
"In der Akademie, ja. Aber passt schon, wir nehmen uns ein Taxi."
Sie kniete sich neben ihn und legte sich seinen rechten Arm um die Schulter, wodurch sie ihn besser stützen konnte. Zum Glück half er mit und versuchte sich eigenständig aufzurichten.
Der Gastgeber beobachtete die Szene dezent amüsiert und prophezeihte: "Dann hast du aber noch einiges an Arbeit vor dir", denn ihm war klar, dass Quino während der Fahrt nicht plötzlich nüchtern werden würde. Nemis ließ sich davon aber nicht beirren. Irgendwie schien es ihr besser so, als den Italiener jetzt auch noch als Chauffeur zu missbrauchen. Sie wollte den Bogen nicht überspannen.
Er ging an den Kühlschrank und warf ihnen dann eine Flasche Wasser zu. Da mit Quinos Reflexen nicht zu rechnen war, fing sie die Flasche für ihn.
"Alles klar, danke. Wir können ja die Tage mal nach einem passenden Lied suchen und rumprobieren."
Sie wollte es nochmal nebenbei zur Sprache bringen, um sicher zu gehen, dass er es ernst meinte.
"Sí. Du hast meine Nummer."
Nemis hängte sich die Gitarre an ihrem Gurt über die Schulter, während Vincenzo Quinos Verstärker zur Straße trug.
Die kühle Nachtluft füllte ihre Lungen mit neuer Energie, sie war überhaupt nicht müde, obwohl es schon spät war. Vincenzo zeigte Anstand und wartete dort mit ihnen, bis das Taxi schließlich kam.
Da sie keine Hand mehr frei hatte, öffnete er den beiden die Tür. Quino ließ sich mehr oder weniger ins Taxi fallen. Anderenfalls hätte Vincenzo ihm vermutlich nachgeholfen.
"Okey...gute Nacht", verabschiedete sie sich und grinste mit schmalen Lippen.
"Ciao, Nemis. Pass auf ihn auf."
Mit flatterndem Herzen setzte sie sich ins Taxi und fuhr davon. Er hatte sich tatsächlich ihren Namen gemerkt!

Quino hörte, wie er im Taxi war, aber er fühlte sich schwerelos. Er schmatzte. "Wo sind wir?", fragte er, ehe seine Augen zum Fenster wanderten. Sie waren in der Akademie angekommen.
Der Latino spürte wie Nemis ihn stützte. Er lehnte den Kopf an ihren ab. Nicht, weil er es wollte, sondern weil er nicht anders konnte.
Sie waren plöltzlich bei seinem Zimmer.
"Wie sind wir hier her gekommen?", nuschelte er. Sein Leben flog gerade wie ein Rausch an ihm vorbei. Nemis faselte etwas. "Mein Schlüssel...", sprach er ihr nach. Sie nickte.
Er griff an seinen Oberkörper, so als würde er sich wie bei einer Polizeikontrolle abtasten.

Nemis stöhnte und verdrehte die Augen, aber musste gleichzeitig lachen. Das war wie Babysitting nur würde die Bezahlung ausbleiben.
"Oh man.."
Er brauchte ewig. Sie wollte ihm nicht das Gefühl geben, ihn auszulachen, aber es war schwer, das zurückzuhalten. Sie erbarmte sich und griff in seine Jackentasche. Er hatte echt eine Fahne. Zum Glück hatte er ein Einzelzimmer, das würde sonst noch Stress geben.
Während sie die Tür aufschloss, musste sie aufpassen, dass er ihr nicht wegrutschte.
Sie stieß die Tür mit dem Fuß auf und schleifte ihn mehr oder weniger hinein. Ein paar mal haute sie daneben, bis sie endlich den Lichtschalter erwischte.
Endlich beim Bett angekommen, ließ sie ihn darauf gleiten, oder zumindest war das der Plan gewesen. Bei der Umsetzung kam es leider so, dass er plump runter rutschte und auf die federnde Matratze fiel wie ein nasser Sack. Er stöhnte und krümmte sich. Sie drehte ihn auf den Rücken.
Wie sie ihn da so liegen sah, konnte sie nicht anders als schmunzeln.
"Du bist der Knaller...Vor ein paar Tagen dachte ich noch, du bist der unschuldige Mitschüler aus dem Gitarrenkurs", ihr war klar, dass ihre Worte ihn nicht mehr völlig erreichen würden und vielleicht lockerte das zusätzlich ihre Zunge.
"Dann stellt sich heraus, dass du ein Undercover-Angus-Young bist. Du entführst mich in die Stadt, kassierst Nachsitzen und schießt dich in der Hütte von nem halbfremden Kerl ab."
Während sie redete, löste sie ihm die Schnürung seiner Schuhe und zog sie ihm aus. Das würde er alleine bestimmt nicht mehr schaffen.
"Auf jeden Fall wird es mit dir nicht langweilig, Maestro", sie stemmte die Arme in die Hüfte und musterte ihn verschmitzt grinsend.