Story

Nemis sah mit leicht geöffnetem Mund und verschmälerten Augen zu ihrem Meister. Was er verlangte und selbst tat, war schon echt schräg. Andererseits bewies seine Spielweise, dass er wusste, wovon er sprach. Also versuchte sie es ihm nachzumachen und ihr Gefühl für Peinlichkeit dabei auszublenden. Hier wurden sie zumindest nicht beobachtet.
Zuerst widerwillig, dann gefühlvoller strich sie über das Holz. Es fühlte sich glatt und warm an. Die Kurven erinnerten sie an die einer gutgebauten Frau, das entging männlichen Gitarristen sicher auch nicht. Ihre Finger fuhren sanft hoch am Gitarrenhals, passierten den Sattel und umspielten die Wirbel. Sie hatte sich tatsächlich schneller als gedacht im wortlosen Dialog mit ihrer Gitarre verloren.

Als Quino den Umschwung der Emotionen in ihren Augen entdeckte, von verwirrt zu ehrfurchtsvoll, konnte er die nächste Lektion einläuten.
Yes!
"Was ist sie für dich, Nemis?"

Nemis wandte sich zögernd von dem Instrument ab, als er ihre Zweisamkeit unterbrach.
"Ein...Werkzeug...", gab sie zu und drückte durch ihre Stimme bereits aus, dass sie nicht damit rechnete, dass es das war, was er hören wollte. Aber was sollte sie lügen?

"Aber, sieh sie dir an. Ihre Glieder, ihren Körper... Möchtest du diesen Körper nicht mit einer Seele füllen?" Quino verlor sich etwas. Er liebte die Gitarre. Nein, er vergötterte sie!
Wahrscheinlich wäre sie die einzig wahre Konkurrenz, die Nemis je haben würde.
"Was sind die Saiten anderes als Stimmbänder... ?" Er strich mit seiner flachen Hand über die Seiten seiner Gitarre, dabei durchfuhr ein zarter Klang die Luft.

Stimmbänder hallte es in ihrem Kopf bedeutungsvoll wider. Damit konnte sie etwas anfangen, sich damit identifizieren. Wie sehr schätzte sie doch diesen Körperteil an sich selbst! Und das hilflose Objekt vor ihr war auf sie angewiesen, um seine Stimme erklingen zu lassen. So hatte sie das wirklich noch nie gesehen, aber sie spürte, dass diese Erkenntnis wichtig war.
Intuitiv ahmte sie ihn nach und verhalf der Gitarre zu ihrem Gesang. Die Töne der Saiten flossen ineinander über, als sie sachte mit dem Daumen von oben nach unten fuhr. Dann machte sich ihre linke Hand selbstständig und griff die Akkorde C, Em und G. Eine süßlich melancholische Melodie erklang, so kurz und gehaltvoll wie ihr junges Leben.

Quino drehte seinen Kopf zu ihr, sie tauschten einen Blick aus, der sagte: "Wir verstehen uns." Jetzt hatte Nemis also verstanden, dass eine Gitarre nicht nur ein Instrument war, sondern mehr. Wenn sie sich selbst nicht als Instrument sah, sondern als Menschen, müsse sie das auch von ihrer Gitarre...
Quino schaute in die Ferne, dann zurück zu Nemis: "Lektion 1: Bestanden!"
Der Lockenkopf richtete sich auf, blickte ernst und sagte: "Ich werde jetzt etwas spielen, doch vergiss deine eigenen Minderwertigkeiten!" Er hob den Finger, dann wurde er wieder sanft.
"In Ordnung?"
Quino sprach nun offen. Er wusste doch ganz genau, wie sich das anfühlte, nur dass es bei ihm selbst das Piano war. "Für den Lernprozess ist sowas nicht vom Vorteil.", lächelte er wissend.
Dann fing er an ein spanisches Lied zu spielen und sang dabei leise, aber gefühlvoll mit. Die Gitarre übertönte seine Stimme, doch sie war auch nicht ganz so wichtig. Während er spielte, schloss er die Augen, schaute dann mal zu Nemis, wenn es zu dem Text passte und schloss sie dann wieder.
Als er fertig war, bettete er seine Gitarre in den Schoß.
"Du kannst kein Spanisch sprechen. Ich weiß... und genau deshalb habe ich diesen Song genommen und keinen Englischen. Ich möchte, dass du mir die Gefühle wiedergibst. Was wollte der Typ, der den Song geschrieben und komponiert hat, uns damit sagen?"

Nemis achtete aufmerksam auf alles, was er tat. Vielleicht würde ja etwas von seinem Talent auf sie abfärben. Das wünschte sie sich umso sehnlicher, als sie ihn kurz darauf spielen hörte. Zuerst erlag sie der Versuchung, sich auf seine Stimme zu konzentrieren, für die sie sich durch ihre eigene Passion mehr interessierte. Doch dann besann sie sich wieder auf den Sinn der Übung und fokussierte sich ganz auf sein Gitarrenspiel.
Das blonde Mädchen schloss die Augen, es half ihr sich zu konzentrieren.
Nachdem er das Lied beendet hatte, staunte sie über seine Erklärung und seine Aufgabenstellung. Innerlich zollte sie seinen Lehrmethoden einen Moment besondere Achtung, bevor sie über seine Frage ernsthaft nachdachte und sich das Stück noch einmal in den Sinn rief.
Ihre Mine schien die Gefühle, die sie rausgehört hatte, widerzuspiegeln.
"Für mich klang es...nach einer unglücklichen aber leidenschaftlichen Liebe. Sehnsüchtig und Schmerz-erfüllt"
Sie richtete ihre Augen auf ihn um abzulesen, ob sie richtig lag.

Quino lächelte sie an. "Schön!", freute er sich. Er begann, diesmal ohne zu singen, den einen Part (01:55) auf seiner Gitarre zu spielen, dabei schaute er ihr fest in die Augen.
"Aber waren die Liebenden nur unglücklich, nur leidenschaftlich?" Er spielte weiter, bewegte seinen Oberkörper etwas mit, hörte aber nicht auf ihre Augen, mit den seinen zu fressen.
Quino schob das Kinn vor. "Ich weiß, du fühlst es, Nemis."

Die Schülerin wagte es nicht, den Blick abreißen zu lassen.
"Sie liebten sich innig und feurig...aber was da lodert, ist nicht nur ihre Leidenschaft, sondern auch Eifersucht", ergänzte sie ihre vorherige Aussage um ihr nun tieferes Verständnis der Bedeutung.

Quino nickte bei jedem Wort. Sie war wirklich gut. Aber warum wunderte ihn das eigentlich? Nemis war eine herausragende Sängerin, Gefühle hin oder her.
Der Latino spielte weiter, aber leiser und richtete sich dann auf. "Und dieser Klang?"
Er wiederholte eine verspielte Tongruppe drei Mal, sachte, und beobachtete Nemis' Gesichtsausdruck, dann schmunzelte er und wollte sie erlösen.
"Freude...", strahlte er besonnen. Jede Liebe, musste doch auch Spaß machen.
Quino dachte an ihren Tanz.
"Erzähl mir die Geschichte dazu, Lehrling. Über Liebe, Leidenschaft und Eifersucht." Dann zog er eine Augenbraue hoch und ein anzüglicher Schatten bedeckte sein Lächeln.
"Und der Freude." Ein Windhauch rollte über die Landschaft und durchfuhr Nemis' Haar. Quino schaute wieder zu seiner Gitarre und wartete auf die Legende, die sie spinnen würde.

Das Mädchen entgegnete dieser Aufforderung ein verschmitztes Grinsen, dann biss sie sich nachdenklich seitlich auf ihre Unterlippe. Zuerst wanderten ihre Augen nach links, dann drehte sie auch ihren Kopf in diese Richtung. Man konnte ihr ansehen, wie die Geschichte in ihren Gedanken langsam Form annahm.
Ihre Augen sahen noch immer woanders hin und sprangen von einem unbestimmten Punkt zum nächsten, als sähe sie die Handlung vor sich, als sie zu sprechen begann:
"Die beiden trafen und verstanden sich. In einer Stadt, einem Land, einer Welt voll von Menschen durften sie das Glück erleben, ihr Herz mit jemanden zu verbinden, der dasselbe fühlte. Es ging schnell mit den beiden. Da war kein langsames Vortasten, sie stürzten sich mit Kopfsprung in diese Liebe. Und er glaubte, es sei für immer, denn es war das, was er für sie empfand. Wenn sie zusammen waren, tanzte sein Herz; sie verlieh seiner Welt Farbe. Spaß?", nun schweifte ihr Blick zu ihm rüber, ihr Lächeln wurde zweideutig und sie ließ ihre Augenbraue hüpfen, "Ohja den hatten sie."
Nun jedoch legte sich ein Schatten über ihr Gesicht.
"Seine Welt zerbrach, als er sie mit einem anderen sah. Hatte er ihr nicht ausgereicht? Woran hatte es ihr gefehlt? Die feurige Leidenschaft, die er so an ihr liebte, verbrannte ihn nun vollständig, denn sie galt nicht mehr ihm. Er stellte sie zur Rede. Sie stritten, er fluchte, sie weinte, aber am Ende erkannte er die grausame Wahrheit: Sie würde nie ihm gehören."
Zum Abschluss nickte sie kurz, als würde sie ihre eigenen Worte bestätigen. Ihr Gesichtsausdruck switchte von dramatisch mitfühlend auf neugierig verspielt im Bruchteil von einer Sekunde, als sie sich ihm wieder zu wandte.
"Na? Krieg ich den Job als Musikvideo-Autorin?"

Quinos Unterbewusstsein reagierte, auf ihre Geschichte. Die Ironie fiel ihm auf. Er musste Lächeln, nur um dieses schnell in einer schmalen Linie zu ersticken, damit er nicht auflachen würde.
"Du kriegst den Job.", nickte der Latino und lachte durch Nemis' Kommentar mit dem Musikvideo dann noch laut auf. "Ich bin begeistert!", rief er dann aus, seine Augen strahlten. "Mit keinem Wort Spanisch hast du die ganze Essenz dieses Songs verstanden! Und alles nur dank ihr hier..." Quino klopfte sachte auf seine Gitarre, als sei sie ein guter alter Gaul.
"Bist du bereit für die nächste Lektion? Oder ein Päuschen?"

Nemis nahm ihre Hände zu Fäusten nach oben und jubelte spaßig "Ja!", als sie den fiktiven Job übertragen kam.
Seine Worte motivierten sie, sogar mehr als geahnt. Die Antwort fiel nicht schwer:
"Jetzt, wo wir gerade warm geworden sind, ne Pause? Quatsch, weiter geht`s!"

Quino lächelte breit. "Fleißig, fleißig!" Der Gitarrist suchte sich einen Part des Songs und spielte ihn wieder ein paar Mal hintereinander, dann blickte er zu Nemis.
"So, jetzt du." Er wollte sehen, ob sie schaffte die Emotion in den Saiten zu greifen, so wie sie mit ihrer Stimme konnte.
Das sollte DIE Lektion heute werden: Scheiß auf Regeln und nutze deine Skills! Die, die du schon immer in dir hattest, Nemis!
Quino schaute gespannt.

Nemis kam seiner Aufforderung zögerlich nach. Zunächst musste sie es hinkriegen, exakt die gleichen Noten wie er zu greifen und da sie kein Notenblatt vor sich hatte, versuchte sie es aus dem Gedächtnis. Sie musste sich ein paar mal korrigieren, bis sie die Melodie dann raus hatte.
Danach erst war es ihr möglich, sich nicht mehr auf die Griffe sondern auf die Emotionen dahinter zu konzentrieren.
"Ok...los geht's."
Je verkrampfter sie es versuchte, desto weniger war sie mit dem Ergebnis zufrieden.
Nach drei Versuchen seufzte sie frustriert. Ihr war danach, die Gitarre einfach von sich zu schieben. Gleichzeitig war sie zu ehrgeizig und stolz, sich jetzt vor diesem Genie die Blöße zu geben.
Dann kam ihr ein Gedanke. Bislang hatte sie versucht, sich in die erdachte Geschichte hinter dem Song einzufühlen. Doch eigentlich war das auch nicht ihre Vorgehensweise beim Singen. Sie erinnerte sich an das, was er über die Stimmbänder der Gitarre gesagt hatte. Im Prinzip war die Stimme ihr Instrument, welches sie über ihre eigenen Emotionen speiste. Warum sollte sie es also bei der Gitarre anders machen?
Sie schloss die Augen, atmete ruhig aus, legte ihre Finger an die Saiten und versuchte es erneut. Dieses mal zapfte sie ihre eigene Gefühlswelt an.
Freude, sie dachte an die Euphorie, die sie beim Musizieren mit Vincenzo und Quino gespürt hatte.
Leidenschaft, die Erinnerungen an ihr kleines Tanzduell mit Quino kamen in ihr auf.
Eifersucht, sie sah Janis selbstgerechtes Grinsen und - sie hatte daneben gegriffen und war raus. Warum ausgerechnet Janis? Was sollte sie da schon beneiden? Irritiert blinzelte sie ein paar mal und öffnete wieder die Augen.

Quino strahlte.
"Mega gut!" Er freute sich wirklich und war auch ein wenig stolz auf sich selbst. "Woran hast du gedacht?", fragte er. "Und hast du vielleicht was zu trinken dabei? Vom ganzen quatschen ist mein Hals trocken geworden..." Er tätschelte sich den Hinterkopf und ärgerte sich darüber, dass er sich nichts selbst eingesteckt hatte.

"Ehh..Moment", sie streckte sich zu ihrer Gitarrentasche, die sie an das Auto gelehnt abgestellt hatte und kramte in dem Fach vorne rum. Dann nahm sie wieder ihre ursprüngliche Sitzposition ein und warf in einer fließenden Bewegung eine kleine Wasserflasche zu ihm rüber. Das war zwar nicht viel für zwei Personen, aber würde das trockene Gefühl in seiner Kehle etwas lindern.
"Woran ich gedacht habe? ...Eine Zauberkünstlerin verrät nie ihre Tricks, oder?", sie zwinkerte ihm schief grinsend zu und wich seiner Frage somit aus. Am besten, sie lenkte einfach ab.
"Hey Maestro, wenn's später mit der großen Karriere nicht klappt, solltest du Gitarrenunterricht geben."
Sie hatte die Arme auf ihrer Gitarre verschränkt und legte nachdenklich den Kopf darauf.

Das war typisch Nemis! Quino selbst traute sich nicht mal über eine Karriere als Gitarrist nachzudenken, aber sie! Sie hatte schon alternative Zukunftsideen parat. Quino musste leise lachen. War sie verrückt? Oder war er es?
"Mal schauen..", zuckte er mit den Achseln. "Nicht jeder Lehrling ist, wie du!" Quino zog ehrlich die Augenbraue hoch. "Abgesehen davon, weiß ich nicht mal was ich morgen essen soll, also.." Er lächelte.

Sie musste lachen.
"Naja, wenn man keinen Plan hat, kann der zumindest auch nicht schief gehen!", sie ließ es positiv klingen, aber ihr schiefes Grinsen verriet einen Funken Spott.
Doch vielleicht war es gar nicht schlecht, wenn er keine große Vision von der Zukunft hatte. Sie hegte die Hoffnung, ihn dadurch leichter für ihre begeistern zu können.

Nachdem sie noch eine Weile geübt hatten und die Sonne sich auch bereits zur Ruhe bettete, kehrten Nemis und Quino um.
Jedes Mal, wenn er Zeit mit Nemis verbracht hatte, fühlte er sich stärker... Und glücklicher.
Mit einem Lächeln auf den Lippen trat Quino in sein Zimmer und freute sich bereits auf den nächsten Tag.
Eigentlich dachte er selten über das Morgen nach, aber jetzt war es anders.

Der nächste Tag sollte erst Freude versprechen. Mit großen Augen hatte Quino Nemis und Vincenzo Wortwechsel verfolgt. Sie saßen zu dritt auf einer der kaum genutzten Tischtennisplatten und Italien und die USA konnten sich immer noch nicht zwischen zwei Songs entscheiden.
Quino wollte sich da nicht einmischen, immerhin trat er nicht mit auf, sondern gab nur.. Rückendeckung? Er seufzte lächelnd über seine Gedanken.
"Da hat wohl Jemand eine Schwäche für heißblütige Südländer!" Janis kam hinter Quino hervor, stellte sich neben die Platte und legte lässig den Arm um Quinos Hals. Der Lockenschopf war nur perplex und blickte hilfesuchend zu Nemis.
"Hab ich recht, Nemis?" Janis zog die Augenbraue hoch und drückte Quino dann einen lauten Schmatzer auf die Wange.

Nemis Blick verfinsterte sich, sobald sie ihre Stimme hörte.
"Vielleicht beruht das ja auf Gegenseitigkeit", kam es dann unerwartet vom Italiener zurück geschossen, der währenddessen aufgestanden war und sich mit folgenden Worten verabschiedete:
"Ich mach mich auf, schreib mir einfach für welchen du dich entscheidest"
Nemis wusste, dass er seinen letzten Satz auf die Songentscheidung für den Contest bezog, doch irgendwie war ihr die gewisse Doppeldeutigkeit seiner Aussage im Kontext nicht entgangen. Gegenüber Janis könnte sie sich dieses Missverständnis jedoch vielleicht sogar zunutze machen.
"Alles klar, bis dann"

"Wahrscheinlich!", entgegnete Janis und drückte Quino fester. "Jeder weiß ja, wie leicht Blonde zu haben sind, nicht wahr?" Die Rothaarige wackelte mit dem Kopf, während Quino immer noch entgeistert Vincenzo hinterher guckte. Wieso ging er ausgerechnet jetzt?!
Warte..
Er ging absichtlich jetzt! Argh! So gut!
Quino spürte wieder dieses Brennen in der Brust, wenn ihm die Eifersucht auf Vincenzo überkam.
"He, Janis, lass mich los..", murmelte der Lockenkopf, aber Janis kniff nur die Augen zusammen und sagte: "Ich könnte deiner Mom ja von deinen Gitarrensessions erzählen. HM?"

Nemis lachte verächtlich, als ihre Rivalin tatsächlich die Blondinen-Karte ausspielte.
Es gefiel ihr ganz und gar nicht, wie sie Quino wie ihr Schoßhündchen behandelte. Aber dass sie ihn, als er sich dagegen zu wehren versuchte, tatsächlich mit seiner Mom erpresste, war einfach zu viel. Das würde sie nicht dulden. Wenn sie unbedingt dieses Spiel spielen wollte, nun gut. Sie würde Quino schon aus ihren Klauen befreit kriegen, wenn auch...unkonventionell.
"Als ob du ihn damit einschüchtern könntest. Aber scheinbar macht es dir Spaß, dir an Typen, die für dich unerreichbar sind, die Zähne auszubeißen", sie warf ihr einen unerschrockenen Blick zu und lächelte spöttisch. Ava hatte ihr inzwischen erzählt, warum sie sich den Hass dieser Schlange zugezogen hatte. Sie war abgewiesen worden und in diese Wunde war Nemis nun entschlossen, etwas Salz zu streuen.
Sie wandte sich an Quino und legte ihm ihre Hand aufs Knie.
"Du musst dich nicht zurückhalten, nur weil du niemanden verletzen willst. Vorgestern Nacht warst du auch nicht so zimperlich."

Nemis' Selbstbewusstsein überwältigte Quino, sodass die Sprachlosigkeit ihn ergriff. Sie war neu auf dieser Schule und konterte so lässig, dass die rothaarige Naturgewalt höchstpersönlich für einen kurzen Moment skeptisch drein schaute, ehe sie abwinkte und mit halbgeschlossenen Augen und einer hochgezogenen Augenbraue sagte: "Gib mir nur mehr Zündstoff.." Ein verschlagenes Grinsen huschte ihr über die Lippen, ehe es wieder verschwand.
"Vorgestern war dann wohl das heimliche Gitarrenevent. Eine nützliche Information." Sie zwinkerte Nemis zu und machte sich vom Acker.
Quino stieß viel Luft aus, dabei blähte sich sein Mundbereich etwas auf, denn er öffnete diesen nicht wirklich. Er glaubte fest daran, dass Janis ging, aus Angst, Nemis könnte sie wahrhaftig verbal demütigen. Ihm wurde ganz warm in der Brust, als sein Blick den von Nemis traf. "Ich wollte noch was sagen.", schoss es dann aus ihm heraus. Wo kam das denn her?, fragte er sich. "Sie ist wirklich ein Quälgeist... Unsere Mütter sind Freunde, weißt du." Quino beschloss den Mund zu halten. Alles was er sagte, wirkte so blass zu der Szene von eben. Vielleicht sogar peinlich.

"Vorgestern war dann wohl das heimliche Gitarrenevent. Eine nützliche Information."
"Der Punkt ist: Auch vorgestern warst du nicht eingeladen", redete Nemis ihr noch nach, als sich der rote Drache zurückzog.
Innerlich kochte sie und hätte ihr am liebsten ihren Schuh hinterher geworfen. Äußerlich hatte sie sich aber zum Glück besser unter Kontrolle und würdigte ihr Weggehen nur mit einem giftigen Blick aus den Augenwinkeln.
Dann meldete sich Quino zu Wort und zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie war sich nicht ganz sicher, ob diese Mamifreundschaft den Quälgeist für Quino zu einem unantastbaren Erzfeind machte oder was genau, er ausdrücken wollte. Sie sah ihn leicht verwirrt an.
"Hab ich was verpasst? Ist Freundschaft erblich?...Du solltest sie wirklich nicht so mit dir umspringen lassen."